Hat die klassische Kameraindustrie ihren Glauben an sich selbst verloren?
Die Ricoh Ausgründung Vecnos lässt zumindest den Verdacht aufkommen. Wie sonst kann ein Unternehmen seine innovativsten Entwickler eine eigene, neue Kamerafirma gründen und eine völlig neue Marke etablieren lassen? Oder plant Ricoh einfach den Rückzug aus dem Kamerageschäft und schnürt ein attraktives Päckchen?
Zugegeben es ist für eine alteingesessene Firma immer schwer, eingefahrene Strukturen aufzubrechen und Liebgewonnenes über Bord zu werfen. Das aber scheint bei vielen Kameraherstellern mehr als dringend nötig. Gelerntes einfach ad acta zu legen und sich dem unbekannten Neuen zu widmen ist ja auch immer ein Risiko und Scheitern nicht so unwahrscheinlich. Wenn mühevoll Gelerntes nicht mehr weiterhilft und ein Neuanfang erforderlich wird, wehren sich die meisten gegen notwenige Veränderungen.

Die Abwehrhaltung gegen Unbekanntes sitzt tief und wird noch durch ein falsches Fehlermanagement gefördert. Dazu hat nicht zuletzt auch der unglückselige und vielzitierte Satz des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt beigetragen, der Menschen mit Visionen riet, zum Arzt zu gehen. Ironie war ja hierzulande auch nie eine besondere Stärke in der breiten Bevölkerung. Hinzu kommt eine weitere Eigenschaft, die häufig anzutreffende „Entweder-Oder“-Denkweise, statt ein „Sowohl als auch“ zu akzeptieren und abzuwarten, wo sich der Erfolg einstellt. Mit dem Drang alles perfekt machen zu wollen, wird leider auch immer die Angst vor dem Scheitern geschürt und der Gescheiterte häufig als Versager gebrandmarkt. Und das obwohl jeder weiß, dass man nur aus Fehlern lernt. Wer nie etwas Neues versucht und immer das Gleiche macht, wird nie eine Veränderung herbeiführen. Doch gerade die scheint die klassische Fotoindustrie und der ihr verbundene Handel dringendst zu brauchen. Dazu gehört ein deutlich erweitertes Ökosystem, das sich nicht nur an der Professionalisierung und Perfektionierung vorhandener Aufnahmesysteme orientiert, sondern das die Erfüllung der Wünsche an die neue, allgegenwärtigen Liebe zur visuellen Kommunikation auf Basis der Fotografie zum Ziel hat.
Alle aktuellen, bahnbrechenden Innovationen der Imaging Branche, wie sie seit Jahren beim Handel und der Industrie nahezu gebetsmühlenartig auf dem Business Imaging Forum von Thomas Blömer in Zusammenarbeit mit der KoelnMesse bzw. photokina gepredigt wurden, scheinen entweder ungehört verhallt oder nur von sehr Wenigen aufgegriffen worden zu sein: ein neues bildbasiertes Ökosystem auf Fotografie, Virtual-, Augmented Mixed Realities, befeuert von neuen Experiences realisiert durch den Einsatz von KI, von innovativer Software und intelligenten Werkzeugen.
Überall sind derartige Technologien auf dem Siegeszug durch die Industrien: Ob Automotive, Machine Vision, bildgebende Verfahren in der Medizin, Virtual Reality im Sport und in der Unterhaltung, Augmented Reality im Handwerk, in der Bildung und in neuen, multimedialen Bilderwelten, Objekterkennung als Archivierungshilfen, Druckverfahren für Ersatzteile, Textilien, Fliesen und anderen Baumaterialien, ja sogar für Häuser.

Was läuft da falsch, wenn der Industrieverband (PIV) nur noch 35 Mitglieder hat von dem ein Großteil sich nicht einmal mehr in der Lage sieht, die photokina zu besuchen? Wo soll da Begeisterung oder Bewunderung aufkommen, wenn als Partner zwei Fremdenverkehrsorte und ein kleiner Fotofachverlag, selbst noch in der Start-up-Phase genannt werden?
Es wundert zumindest nicht, wenn dann ein Unternehmen wie Ricoh den innovativsten Bereich seines Kamerageschäftes unter einer neuen Marke auslagert (siehe ww.dasfotoportal.de), um – wie es in der Presseverlautbarung heißt, den Fotomassenmarkt wiederzubeleben. Mit der Neugründung Vecnos zielt das Ricoh auf den Massenmarkt mit 360-Grad-Kameras. Das erste Produkt ist die 360°-Selfie-Kamera Vecnos für junge Social Media Natives.
Vecnos Inc. ist ein aus der Ricoh Company, Ltd. ausgegründetes Unternehmen für revolutionäre optische Innovationen, das im Verbrauchersegment zu einem führenden Anbieter für neuartige 360-Grad-Kameras avancieren möchte. Vecnos wurde von demselben Entwicklerteam gegründet, das 2013 mit der RICOH THETA bereits die wegweisende 360-Grad-Kamera entwickelt und eingeführt hat.
Das Vecnos-Team unter der Leitung von CEO Shu Ubukata setzt dabei auf sein Know-how im Bereich der optischen und künstlichen Intelligenz (KI), um ganz neue Ansätze für 360-Grad- und andere Spezialkameras, Software und Anwendungen zu entwickeln.
Das Ziel des neuen Teams aus Kameraentwicklern-, -herstellern und Marketingspezialisten ist es, innovative Imaging-Lösungen für ein breites Publikum zugänglich und attraktiv zu machen.

„Wir nutzen unseren technologischen Vorsprung für eine völlig neue Kamera-Generation. Dabei schöpfen wir auch ganz neue Möglichkeiten der Social-Media-Plattformen aus. Unser erstes Produkt soll das Selfie für junge Nutzer neu erfinden“, erklärte „Shu“ Ubukata. „Unser Ziel ist es, eine verblüffend einfache Bedienung mit neuartigen Möglichkeiten zum Aufnehmen, Optimieren und Teilen von Bildern zu verbinden – in einem schönen und eleganten Produktdesign, das die Menschen gerne benutzen. Wir wollen eine neue Generation inspirieren.“
Als erstes Produkt hat Vecnos eine 360°-Kamera mit vier Objektiven vorgestellt, von denen drei seitlich und eine oben platziert wurden, die kaum größer als ein Stift ist und noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll.
„Ricoh hat sich immer für Innovationen in der optischen Kommunikation engagiert. Im Rahmen unserer neuen Geschäftsentwicklungsinitiativen wurde 2018 ein Team unter der Leitung von Shu Ubukata gebildet, um spezielle Kameras für eine neue Generation von Nutzern zu entwickeln. Letztendlich wurde uns allen klar, dass es Sinn machte, für dieses hochgradig unternehmerisch denkende Team ein eigenes Unternehmen zu gründen. Das war die Geburtsstunde von Vecnos. Wir bei Ricoh sind stolz darauf, Hauptinvestor eines jungen Unternehmens aus unserer Mitte zu sein, das die Vision verfolgt, revolutionäre Produkte zu bauen“, erklärte Yoshinori „Jake“ Yamashita, Präsident und CEO der Ricoh Company, Ltd.

Diese visuelle Revolution will Shu Ubukata, CEO Vecnos fortsetzen. Begonnen hat sie bereits 2013 mit der Einführung der weltweit ersten 360-Grad-Kamera für Verbraucher, der RICOH THETA. In seinem neuen Start-up-Unternehmen Vecnos hat Shu das Kernteam, das die RICOH THETA entwickelt hat, wieder um sich versammelt, um neue Ansätze für 360-Grad- und andere Spezialkameras, Software und Apps zu entwickeln. Vecnos nutzt seinen Know-how-Vorsprung im Bereich der optischen und künstlichen Intelligenz (KI), um fortschrittliche Imaging-Lösungen für ein breites Publikum zugänglich und attraktiv zu machen.
Shu kam 1989 zu Ricoh und hat seitdem verschiedene Managementpositionen in der Produktplanung und Unternehmensstrategie bekleidet. Zu seinen Leistungen gehört auch eine einzigartige Bergungsinitiative, bei der Fotos, die bei dem Erdbeben und Tsunami in Japan 2011 verloren gegangen sind, unter Verwendung von Digital- und Imaging-Technologien an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden.