
Gute Fotos müssen nicht schön sein und schöne Fotos nicht gut. Die Fotos von Ekaterina Sevrouk sind auf den ersten Blick von einer verstörenden, nahezu manierierten Schönheit, die das Herz zusammenkrampfen lässt. Ihre Buntheit wirkt fast marktschreierisch und das ist auch angemessen. Es sind Trauerbilder: Fotografien ausgestopfter Tiere, deren Arten vom Aussterben bedroht sind.

Kaum eine Ausstellung während des diesjährigen Umweltfotofestivals ‚horizonte zingst‘ hat so polarisiert wie die knallbunten Fotografien von Ekaterina Sevrouk in der Leica Galerie im alten Zingster Bahnhof. Keine war besser gehängt und keine hatte so optimale Räumlichkeiten wie diese. Hatte man die seltene Gelegenheit, allein die Kabinettausstellung zu betreten, umschlich den Besucher das Gefühl, das Mausoleum einer sterbenden Tierwelt zu betreten. Die in höchster Perfektion mit der Leica S Mittelformatkamera aufgenommenen wilden Tiere, hatte die Fotografin in verschiedenen Naturkundemuseen gefunden, die sie als wertvolle Erinnerungen an eine vom Menschen dezimierte Artenvielfalt sorgsam hüten. Verblüffend und verstörend zugleich war die technische Perfektion der Aufnahmen, die jedes Detail im Fell der Tiere sichtbar werden ließ und die ebenso perfekten, aufwendigen Blumenarrangement, die den Eindruck entstehen ließen, die Tiere seien mit großem Pomp aufgebahrt worden. Unterstrichen wurde der Kontrast von Trauergestecken und den fast lebendig wirkenden Wildtieren durch die leuchtenden, satten Farben der Abzüge, die im Chromaluxe-Verfahren hergestellt worden sind, das die rahmenlosen Bilder noch bunter und farbenprächtiger wirken ließ.

Der Pomp um die toten Tiere rückte mit seinen schrillen Tönen unübersehbar und mit schmerzender Eindringlichkeit das drohende Ende ihrer Spezies in den Blick und trifft bis in die Seele der Betrachter. Darin liegt vermutlich auch der Grund, dass sich so Manche lieber abwenden würden, die Bilder ablehnten und sich davon sogar abgestoßen fühlten. Der Weckruf von Ekaterina Sevrouk war alles andere als dezent. Er ist ein Fanal, das ins Herz trifft. Durch seine fotografische Kraft und dem Kontrast zwischen dem wahren Elend der aussterbenden Tiere und den prunkvoll inszenierten Beerdigungsriten lässt den Gedanken an einen niedlichen „Friedhof der Kuscheltiere“ erst gar nicht aufkommen. Die knallbunten Trauerinszenierungen mahnten die Betrachter, dass dies Spezies vermutlich bald nur noch dort zu finden sein wird, wo Ekaterina so aufmerksamkeitsstark fotografiert hat: als Präparate in Naturkundemuseen. Ekaterinas Fotos sollen nicht gefallen. Sie sollen aufrütteln und wehtun. Sie sind ein erster Schritt der notwendigen Trauerarbeit zur Überwindung des Verlustes an Schönheit in unserer Welt. Sie tun weh. Sie sollen wehtun und sie müssen wehtun.